Kommentar: Henrika Rohr
Auf einer einsamen Insel vor der französischen Küste begegnen sich zwei Frauen im stummen Widerhall gesellschaftlicher Erwartungen, gefesselt an Normen, die sie zwischen Pflicht und Freiheit taumeln lassen. Marianne, eine Kunstmalerin im Schatten patriarchaler Konvention, soll das Hochzeitsbild von Héloïse anfertigen – heimlich und ohne deren Wissen. Doch was als Auftrag beginnt, wird zu leisem Erkennen: Zwischen Pinselstrichen und verstohlenen Blicken wächst ein zartes Vertrauen, entsteht eine stille, flammende Intimität. Mit feinfühligen Gesten zeichnet Regisseurin Céline Sciamma ein kraftvolles Porträt zweier Frauen, deren Selbstwerdung jenseits des männlichen Blicks und jenseits sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten geschieht. Was bleibt, ist das flackernde Echo eines Begehrens, das sich nicht besitzen lässt – und ein Schweigen, das mehr sagt als Worte.